Zum Inhalt springen
Startseite » Corona verhindert Reformen im Gesundheitswesen

Corona verhindert Reformen im Gesundheitswesen

Krankenkasse

Es wirkte einigermaßen grotesk: Während die Spitzen der „Ampel“-Parteien Entlastungen für die Bürger aufgrund der massiv gestiegenen Energie- und Verbraucherpreise verkündeten, wurde gleichzeitig bekannt, dass der Bundesgesundheitsminister die Versicherten in der gesetzlichen Krankenkasse im kommenden Jahr drastisch zur Kasse bitten will. Die Defizite belaufen sich dann auf zweistellige Milliarden-Beiträge – und kurzerhand wird den Menschen ein Großteil der finanziellen Erleichterungen an der Zapfsäule oder in der Steuererklärung wieder genommen.

Doch wieder einmal trifft es nur ausgewählte Kreise: Gerade die Mittel- und Geringverdiener, die von Lindners Plänen einer Energiepauschale nur bedingt profitieren, werden die Beitragserhöhungen bei der GKV besonders zu spüren bekommen. Die Koalition hat es verpasst, das Gesundheitswesen vor grundlegende Veränderungen zu stellen, beispielsweise durch die Einbeziehung der Reichen in eine gemeinsame Bürgerversicherung.

Die Auflösung der privaten Krankenkassen wäre ein Gebot der Stunde – doch erneut verweigerte sich die FDP als Klientel- und Lobbypartei der Millionäre dem Ansinnen von SPD und Grünen mit fadenscheinigen Begründungen. Um die Abgaben für die Patientenversorgung in Deutschland langfristig sozial verträglich zu gestalten, bedarf es immenser Reformen. Nichts davon hat Lauterbach in seiner Budgetrede im Parlament klar benannt.

Beispielsweise ist zu denken an die Prüfung von Modellen der Einbeziehung aktienbasierter Beitragsverwaltung, die Senkung der Ausgaben (beispielsweise durch Verhandlungen über reduzierte Arzneimittelpreise und die Vermeidung von Doppeluntersuchungen) oder die Streichung ineffizienter und unwissenschaftlicher Leistungen, eine modernisierte Versorgung (etwa durch sektorenübergreifende Behandlung).

Nicht zu vergessen sind auch die mögliche Kostensenkung durch Technologisierung (elektronische Arzt-Patienten-Kontakte etc.), eine Forcierung von strukturierter Versorgung (Stärkung von Disease-Management-Programmen u.a.), der eklatante Ausbau der gesundheitsfördernden Angebote in der Berufswelt unter Einbindung der Arbeitgeber in die finanzielle Verantwortung präventiver Maßnahmen, die bürokratische Entschlackung (exemplarisch durch Digitalisierung und Papiervermeidung) oder die Förderung des Wettbewerbs der Krankenkassen zur Beitragsstabilisierung.

Es besteht kein Zweifel: Die Pandemie hat ein tiefes Loch in den Haushalt des Gesundheitsministeriums und der gesetzlichen Versicherung gerissen. Schlussendlich ist man mit Steuereinnahmen und Beiträgen aber gleichsam unvernünftig umgegangen. Unmengen an Masken und Vakzinen wurden letztendlich vernichtet, weil sich Spahns Experten völlig verkalkuliert hatten und auch die aufgeregte Haltung seines Nachfolgers zu unnötigen Anschaffungen führte. Anstatt bedacht zu planen und mit angemessener Impfaufklärung Verschwendung zuvorzukommen, kümmerte sich der heutige Minister eher um seine TV-Karriere – und wirft mit Euro und Cent nur so um sich.

Haushalterische Disziplin gehört generell nicht zu den Stärken vieler Politiker. Und auch wenn ich wahrlich kein Anhänger von Schuldenbremse und „Schwarzer Null“ bin: Nachhaltigkeit und Sparsamkeit würden nicht schaden. Sie sind möglich, sogar bei parallelem Mehrwert für die Versicherten. Modernisierung von verkrusteten Strukturen, diesen Slogan stelle ich dem Professor anheim – und empfehle ihm etwas mehr Demut vor fremden Geld.

Bildquelle: https://pixabay.com/de/photos/krankenkarte-krankenversicherung-491711/

Autor: Dennis Riehle (Mail: [email protected])

Newsletter Anmeldung